Qualitätskriterien
Hier finden Sie drei Vorschläge für Qualitätskriterien, die Sie in Ihrer Arbeit mit Bildung für Nachhaltige Entwicklung und dem Thema Klima inspirieren können.
- Gerade bei einem komplexen Thema wie Klima ist es wichtig, die unterschiedlichen Standpunkte, Einflüsse und Wechselwirkungen ausfindig zu machen, um dann kreative Lösungsansätze und Veränderungsalternativen zu entwickeln (Qualitätskriterium: Kultur der Komplexität).
- Ebenso kann eine fächerübergreifende Herangehensweise zielführend sein (Qualitätskriterium: Unterrichtsinhalte).
- Ob eine Veränderung im persönlichen Lebensstil der SchülerInnen, oder in den lokalen und globalen Lebensbedingungen, im Klimabereich ist es neben theoretischem Wissen auch wichtig, konkrete Handlungen zu setzen (Qualitätskriterium: Handlungsgestützte Perspektiven).
(Quelle: https://www.oekolog.at/static/fileadmin/oekolog/dokumente/OEKOLOG/Qualitaetskriterien_fuer_BNE-Schulen.pdf) :
1.Kultur der Komplexität
Komplexität ist eines der Schlüsselwörter von BNE geworden, aber ihre Bedeutung und die von ihr ausgehenden Herausforderungen an die Bildung sind immer noch zu ergründen. Die sich entwickelnde Vorstellung ist, dass wir es nicht nur mit einer komplexen Welt zu tun haben und Umweltsituationen komplex zu managen sind, sondern dass wir ein „komplexes Denken“ brauchen, das dem Reduktionismus vieler „enger technischer Rationalitätsvorstellungen“ entgegenarbeitet. Unsere Umweltkrise wurde als das Resultat einer Denkweise erkannt, mit der wir auf unsere komplexe soziale und natürliche Welt antworten. Einer Denkweise, die sich an „einfachen Problemlösungen“ orientiert und glaubt, „Dinge durch isolierte Betrachtung zu verstehen“. Bildung spielt eine Hauptrolle in der Gestaltung einer Kultur der Komplexität. Es gibt drei Hauptrichtungen, die von Schulen und Bildungsforscher/innen untersucht werden und die auf alle Fächer und Schulaktivitäten angewendet werden können, um eine komplexitätsorientierte Bildung zu gestalten: a) Die Aufmerksamkeit auf Beziehungen in Raum und Zeit zu richten, die alle Lebewesen miteinander verbinden, die natürlichen Begebenheiten mit den sozialen und ökonomischen sowie das individuelle Verhalten mit dem globalen. Es gilt damit einen „systemischen Blick“ für die Realität aufzubauen und die Fähigkeit zu fördern, die Verbindungen zwischen globalen Auswirkungen und lokalen Handlungen zu begreifen. b) Die Wichtigkeit von beidem, der Vielfalt und der Beschränkungen, als Möglichkeiten für die Zukunft zu erkennen. Beschränkungen unterscheiden sich von wissenschaftlichen und technischen Gesetzen und berücksichtigen „unvorhersehbare“ Evolutionen und Kreativität. Lernen selbst ist ein Beispiel für diese halb-chaotischen, unvorhersehbaren Prozesse, in denen individuelle Vielfalt und beschränkende Rahmenbedingungen die Entwicklung von persönlichen Meinungen und Lösungen ermöglichen. c) Das Bewusstsein von Grenzen zu schärfen – für Ressourcen, für die Zeit, für biologische Kreisläufe, für das Potenzial des menschlichen Verstandes - zusammen mit dem Bewusstsein von der Unvorhersagbarkeit komplexer natürlicher oder sozialer Systeme und dem Risiko, das mit jeder Tätigkeit oder Untätigkeit verbunden ist.
Erkenntnis ist in diesen Orientierungen nicht nur rational, sondern auch emotional und durch Werte begründet, beinhaltet Einfühlungsvermögen, Achtung vor der (biologischen, sozialen, kulturellen…) Vielfalt und das Bewusstsein von den Grenzen des Wissens selbst. Weisheit und Vorsicht bei der Planung von Handlungen sind Konsequenzen aus dieser komplexen Sichtweise: Vorsorge bedeutet, sich im Abwägen der Für und Wider einer alternativen Lösung, der Grenzen des Wissens bewusst zu sein und im Zweifel die schwerwiegenden Folgen einer Entscheidung zu bedenken.
Qualitätskriterien im Bereich „Kultur der Komplexität“
- Schüler/-innen arbeiten an der Entwicklung eines eigenen Verständnisses des Problems. Sie suchen nach verschiedenen Interessen und Standpunkten bevor sie versuchen eine Lösung zu finden.
- Das Unterrichten in allen Fächern orientiert sich darauf, Beziehungen, vielfache Einflüsse und Wechselwirkungen ausfindig zu machen.
- Schüler/-innen haben die Gelegenheit Vielfalt in biologischer, sozialer und kultureller Hinsicht schätzen zu lernen und zu vergleichen – und diese als „Gelegenheiten“ für die Erweiterung von Veränderungsalternativen anzusehen.
- Schüler/-innen werden darin bestärkt, auf ihre Gefühle zu hören und sie als einen Weg für ein tieferes Verständnis von Problemen und Situationen einzusetzen.
- Schüler/-innen und Lehrer/-innen akzeptieren Ungewissheit als einen Teil ihres täglichen Lebens und bereiten sich selbst darauf vor das „Unerwartete zu erwarten und damit umzugehen“ im Bewusstsein von der Wichtigkeit des Vorsorgeprinzips.
2. Unterrichtsinhalte
Die Unterrichtsfächer haben für BNE viel zu bieten. Jedoch können Fragen einer nachhaltigen Entwicklung selten allein durch ein einzelnes Fach angesprochen werden. Das Kriterium um einen vorgegebenen Fachthemenbereich einzubeziehen ist, dass er – zusammen mit anderen Unterrichtsfächern – dazu beitragen kann, Fragen hinsichtlich des Problems zu beantworten. Natur- und Sozialwissenschaften zum Beispiel werden nicht um ihrer selbst willen ins Spiel gebracht, aber ihre Modelle und Begriffe werden als Mittel benutzt, um die Schüler/-innen zu qualifizieren, die Komplexität des bearbeiteten Problems zu verstehen. Das Problem ist wie ein Territorium. Die Unterrichtsfächer können verglichen werden mit verschiedenen Arten von Karten (politische, klimatische, geologische usw.). Sie können sowohl dem Verständnis dienen als auch zur Planung von Aktivitäten benutzt werden. Die Karten, die wir benötigen, hängen davon ab, was wir verändern wollen. Der wesentliche Punkt ist, nicht alle möglichen Karten zu benutzen. Es geht um die Fähigkeit, sie benutzen zu können und den Prozess der Vereinfachung von Komplexität zu verstehen, ohne die Karte mit dem Territorium selbst zu verwechseln. Mit Problemen und Themen zu arbeiten die sich auf nachhaltige Entwicklung beziehen, beinhaltet einen Zugang jenseits der Grenzen des einzelnen Fachgebiets. Die Betonung liegt darauf, die Verbindungen zwischen den verschiedenen Fachperspektiven zu stärken. BNE sollte aber ebenso das Lernen innerhalb der traditionellen Fächer unterstützen, indem es Beispiele und Perspektiven für eine innovative Weiterentwicklung des Unterrichts und Lernens in traditionellen Fächern gibt. Aus dieser Sicht ist es eine Herausforderung für Schulen zu erforschen, in welchem Ausmaß es möglich ist, BNE als ein Vehikel zu benutzen, um den Lerneffekt traditioneller Hauptfachthemen zu vergrößern und den Sinngehalt in der Lernsituation zu stärken. Der problemorientierte, authentische und interdisziplinäre Zugang beim Arbeiten mit Problemen, die einen Bezug zur nachhaltigen Entwicklung haben, kann die oft isolierten akademischen und theorieorientierten Fächer des Lehrplans beleben.
Qualitätskriterien im Bereich Unterrichtsstoff
- Lehrer/-innen, die BNE unterrichten, setzen einen Schwerpunkt auf Probleme und Fragen – der Unterrichtsstoff sollte funktional und relevant für das Verständnis der Komplexität der Fragestellungen sein.
- Die Theorien und Begriffe aus den wissenschaftlichen Lehrfächern werden genutzt, um das oft naive und unkritische Erfahrungswissen kritisch reflektierend zu betrachten.
- Lehrer/-innen suchen nach Ideen und Perspektiven in BNE um Lehren und Lernen in den traditionellen Unterrichtsfachgebieten zu reaktivieren und Neuerungen einzuführen.
3. Handlungsgestützte Perspektiven
Die Handlungsperspektive bedeutet, dass die Schüler/-innen zusammen mit ihren Lehrer/-innen Schritte unternehmen um das Problem aus dem Bereich nachhaltiger Entwicklung, über das sie arbeiten, zu lösen oder dem Problem entgegenzuwirken, und anschließend den Handlungsprozess reflektieren. Eine Handlung zielt auf Veränderung ab: Eine Veränderung im persönlichen Lebensstil der Schüler/innen und/oder in den lokalen und globalen Lebensbedingungen. Die Grundüberlegung lautet: Wertvolles Lernen entsteht dort, wo man selbst in authentischen Aktivitäten zur Problemlösung verwickelt ist. Durch Betrachtung des Offenkundigen, durch Suchen von relevanten Informationen, Hinterfragen der Stichhaltigkeit von Informationsquellen, Analysieren von Annahmen, Aufdeckung von Vorurteilen, Entwicklung von Alternativen und Präsentation eigener Gesichtspunkte und Handlungsmöglichkeiten, werden Schüler/-innen klüger hinsichtlich der Mechanismen, Phänomene und Barrieren/Widerstände mit denen Lösungen eines Umweltproblems verknüpft sind. Jedoch, neben dieser stärker „grundprinzipiellen“ Art des Wissens, gibt es auch ein Metawissen, das die Schüler/-innen dadurch erwerben, indem sie persönlich in die Lösung eines Problems der wirklichen Welt eingebunden sind. Während dieses Prozesses treffen sie oft auf zuvorkommende erwachsene Personen, die sich Zeit nehmen, ihnen zuzuhören und sie ernst zu nehmen. Durch einen solchen Bildungszugang können Schüler/-innen Zuversicht in persönliche und gemeinsame Handlungen ebenso entwickeln wie das Verständnis, dass es hilfreich ist, sich zu engagieren.
Qualitätskriterien im Bereich Handlungsperspektive
- Die Schüler/-innen arbeiten an Problemen und Aktionen, die von Lehrer/-innen von ihrem Bildungswert her und nicht nur als ein Weg zur Lösung von realen Problemen angesehen werden.
- Die Schüler/-innen beteiligen sich an Entscheidungen über Aktionen um das Problem zu beeinflussen und sie lernen vom Nachdenken über ihre Erfahrungen.
- Der Schwerpunkt des Lehrens liegt auf authentischen Handlungsstrategien, auf Handlungsmöglichkeiten und auf Erfahrungen aus realen Handlungen.
- Die Einbindung von Schüler/-innen in Handlungen wird begleitet von der Reflexion über lokale und globale Auswirkungen und von Vergleichen zwischen Risiken und Möglichkeiten für alternative Entscheidungen.