12 Aspekte der Schulfreiraumnutzung

Schulfreiräume werden auch als "Learnscapes" bezeichnet. Der Begriff Learnscape ist ein Kunstwort, das sich aus "Learn" (Lernen) und "Landscape" (Landschaft) zusammensetzt. Gemeint sind damit Orte, an denen im Freien regelmäßig Unterricht stattfindet und die durch SchülerInnen und LehrerInnen mitgestaltet werden können.
In Folge werden zwölf Aspekte näher beleuchtet, welche die Wichtigkeit der verstärkten Nutzung und Gestaltung von Schulfreiräumen hervorheben.
- Bewegung: Schulfreiräume sind Bewegungsräume, die einen Ausgleich zum Sitzen in den Unterrichtsräumen darstellen. Denn Kinder verbringen gerade in unserer heutigen Zeit sehr viel Freizeit vor dem Computer, Fernseher oder im Spielzimmer. Auch die Zeit in der Schule ist vorwiegend ans Klassenzimmer angepasst. Wollen sich Kinder aber gesund entwickeln, sind Bewegung, Spiel und Spaß ein wichtiger Bestandteil.
- Wahrnehmung: Nehmen Erwachsene Informationen und Wissen in erster Linie audiovisuell wahr, so erfahren vor allem jüngere Kinder Informationen mit allen Sinnen. Das heißt, gelernt wird ganzheitlich über das eigene Tun. Nur durch Bewegen, Ausprobieren und Handeln werden die notwendigen Erfahrungen gemacht.
- Sinneserfahrung: Viele Kinder wachsen in Großstädten ohne freien Zugang nach „draußen“ auf. Fernseher und Computer sollten nicht verdammt werden, aber sie schüren eben vor allem den Fernsinn. Es bleibt bei Simulationen. „Kein Kind erlebt dort Gegenstände in ihrer Widerständigkeit. Es gibt viel Erregung, aber nichts, was dazwischenkommt und woran sich ihr Eigensinn aufrichten könnte“ (Reinhard Kahl, Zeit Online). Lernen in der Natur kann einen Ausgleich zu den aktuellen Trends hin zu E-Learning und einem vermehrtem Computereinsatz bilden.
- Gesundheit: Mehr und mehr wissenschaftliche Studien zeigen auf, dass „nature-deficit disorder” zu Aufmerksamkeitsdefiziten, Übergewicht, Fettleibigkeit und zu einer Zunahme von emotionalen und physischen Erkrankungen beiträgt. Amerikanische GesundheitsexpertInnen sprechen von einer „epidemic of inactivity“. (vgl. Richard Louv, 2005: Last Child in the Woods: Saving Our Children from Nature-Deficit Disorder). Nicht umsonst wird z. B. bei der „Gartentherapie“ das Arbeiten mit der Natur, wie auch das Naturerleben, zur Steigerung des psychischen und physischen Wohlbefindens der Menschen eingesetzt.
- Interdisziplinärer Lernraum: Schulfreiräume fördern ein Urgeschäft der Schulen, die Welt zu erfahren und zu interpretieren. Sie sind vor allem dann interessant, wenn viele Unterrichtsfächer daran beteiligt sind. Neben Mathematik, Physik, Chemie und Biologie können auch Geographie, Geschichte, Sprach- und Musikunterricht, Sport, Ethik/Philosophie und Politische Bildung im Freien stattfinden.
- Inklusion: Schulfreiräume bieten vielfältige Möglichkeiten der Individualisierung im Unterricht und der Verschiedenheit der SchülerInnen in Bezug auf Sprache, Kultur, Religion, Geschlecht, Milieu u. v. m. Rechnung zu tragen und die Heterogenität als Ressource zu verstehen und entsprechend zu nutzen.
- Gender: Schulfreiräume sollen Spaß für SchülerInnen beider Geschlechter und jeden Alters bieten. Auch Kinder mit unterschiedlicher gesellschaftlicher, sozialer und kultureller Prägung sollten mit der Fläche eine Freude haben. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Chancengleichheit der Geschlechter noch nicht hergestellt ist. Es ist daher besonders wichtig, Mädchen zu fördern und sie bei der Aneignung von Raum und der Entfaltung ihrer Fähigkeiten zu unterstützen. Das kann einerseits die Schaffung eigener Bereiche sein, die speziell auf die Wünsche von Mädchen ausgerichtet sind, oder andererseits durch eine eigene Betreuung passieren.
- Kompetenzen: Durch die vielfältigen Aktivitäten sowohl beim (partizipativen) Gestalten, wie auch beim Lernen in Schulfreiräumen können wesentliche Kompetenzen der Bildung für Nachhaltige Entwicklung trainiert werden, u. a. Partizipations- und Kommunikationskompetenz, Planungskompetenz, Handlungs- und Reflexionskompetenz sowie vielfältige weitere soziale, emotionale, fachliche und methodische Kompetenzen.
- Forschen: Schulfreiräume bieten Möglichkeiten für Experimente und Beobachtungen in der realen Natur. Ob im Sachunterricht für VolksschülerInnen; in Biologie, Physik, Chemie etc. im Freien für SchülerInnen der Sekundarstufe I; aber auch im Unterricht für ältere Schüler und Schülerinnen - Schulfreiräume bieten Gelegenheit zum realitätsnahen Unterricht, zur Durchführung von Forschungs- und Experimentieraufträgen und regen die Themenfindung für vorwissenschaftliche Arbeiten an. Dies entspricht auch den Erfordernissen des Kompetenzmodells für die Bildungsstandards in den Naturwissenschaften (vgl. Weiglhofer et al.).
- Ganztagsschule: Wenn der Trend in Richtung ganztägiger Schulformen geht, so gewinnt das Gestalten und Nutzen vom Schulumfeld als Lern- und Erfahrungsraum eine steigende Bedeutung, um Kindern und Jugendlichen eine ganzheitliche Entwicklung im hier beschriebenen Sinn zu ermöglichen.
- Ökologie: Gerade naturnahe Flächen bieten für Kinder und Jugendliche ein optimales Feld an Spiel- und Lernmöglichkeiten und stellen gleichzeitig ökologische Inseln für eine Vielzahl an Arten dar. Auch die bewusste Handhabung von Ressourcen und ökologisches Hintergrundwissen (z. B. über Regenwasseranlagen, Solarenergie, Klimawandel etc.) können Werthaltungen und Lebensstile von jungen Menschen verändern und die Natur in und rund um die Schule verbessern.
- Trend: Selbstversorgung, Urban/Vertical Gardening, Gemeinschaftsgärten etc. - Natur ist trendy! Schule kann diese aktuellen Strömungen nutzen und diesem Trend auch in der Schule Rechnung tragen. So können auch vielfältige Verbindungen zwischen Trends und Traditionen aufgezeigt werden.